Die Corona-Pandemie hat seit dem Frühjahr nicht nur das öffentliche Leben durcheinandergebracht, sondern auch Auswirkungen auf den Ausbildungsmarkt gehabt. Es wurden coronabedingt zwar kaum Ausbildungsstellen storniert, aber es kamen in diesem Jahr weniger Ausbildungsverhältnisse zustande. Den Jugendlichen fehlten die gewohnten Orientierungsangebote für den Ausbildungseinstieg. Dennoch gibt es auch jetzt noch Unternehmen, die Auszubildende suchen. In der laufenden Nachvermittlung versuchen alle weiterhin, Jugendliche und Ausbildungsbetriebe zusammen zu bringen. So das Fazit der Mitglieder des regionalen Ausbildungsbündnisses* der Kreise Stormarn und Herzogtum Lauenburg, die sich virtuell zu einer Bilanz des Ausbildungsjahres 2019 / 2020 trafen.
Dass viele Angebote coronabedingt im Vorwege des Ausbildungsstarts im Herbst nicht oder nur zum Teil möglich waren, haben alle Teilnehmenden der virtuellen Ausbildungskonferenz zur Bilanz des Ausbildungsjahres 2019 / 2020 – dazu gehören die Handwerkskammer, die Kreishandwerkerschaften, die Industrie- und Handelskammer zu Lübeck, die Schulämter der Kreise, die Beruflichen Schulen Bad Oldesloe, Ahrensburg und Mölln, die Jobcenter Stormarn und Herzogtum Lauenburg sowie die Agentur für Arbeit Bad Oldesloe – gespürt. Vorstellungsgespräche, betriebliche Praktika, Messen, BiZ-Veranstaltungen oder persönliche Gespräche mit den Berufsberaterinnen und Berufsberatern ließen sich nicht oder nur teilweise realisieren und dies hat Spuren hinterlassen. Die Zahl gemeldeter Ausbildungsstellen sank nur leicht, spürbarer waren die Auswirkungen auf Seiten der Jugendlichen. Die Zahl der Ausbildungsbewerber ging deutlicher zurück, was sich bei den Unternehmen bemerkbar machte und zu weniger abgeschlossenen Ausbildungsverträgen führte. „Für die Berufsorientierung fehlten die Angebote, die junge Menschen im Hinblick auf den Ausbildungseinstieg gewohnt sind. Durch den eingeschränkten direkten Kontakt zwischen ihnen und den Betrieben – so fanden Messen oder betriebliche Praktika nicht im gewohnten Umfang statt – sind weniger Jugendliche als Ausbildungsbewerber bei den Unternehmen angekommen. Ebenso fanden keine persönlichen Gespräche mit den Berufsberatern und Berufsberaterinnen statt, was auch ein Grund für den Rückgang war“, so die Erfahrungen der Vertreterinnen und Vertreter des Handwerks, der Handwerkskammer, der Arbeitsagentur und Schulen.
Im Bezirk der Agentur für Arbeit Bad Oldesloe, der die beiden Kreise Stormarn und Herzogtum Lauenburg umfasst, wurden für den Ausbildungsstart 2020 insgesamt 2.604 Ausbildungsstellen gemeldet, 65 oder 2,4 Prozent weniger als im Vorjahr. Davon entfielen 1.625 auf den Kreis Stormarn, 55 oder 3,5 Prozent mehr als 2019. Im Herzogtum Lauenburg waren es 979 Lehrstellen, 120 oder 10,9 weniger als zum vorjährigen Ausbildungsstart. „Viele Unternehmen haben ihr Ausbildungsengagement trotz Corona aufrecht erhalten. Nur ganz wenige haben Ausbildungsstellen zurückgezogen“, sagt Kathleen Wieczorek, Chefin der Agentur für Arbeit Bad Oldesloe. „Wer fehlte, waren die jungen Menschen. Bei unserer Berufsberatung haben sich über beide Kreise 2.065 Ausbildungssuchende gemeldet. Das sind 157 oder 7,1 Prozent weniger als im Vorjahr und ist die niedrigste Zahl seit zehn Jahren.“
Auf Seiten des Handwerks berichtet Christian Maack, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Lübeck: „Bei den eingetragenen Ausbildungsverträgen haben wir für den Gesamtbereich der Handwerkskammer Lübeck einen Rückgang von 7,6 Prozent zum Vorjahr verzeichnet. Im Kreis Stormarn waren dies 41 Ausbildungsverträge weniger als im Vorjahr, ein Minus von 7,8 Prozent. Fast auf dem Vorjahresniveau liegen die Ausbildungsverträge im Herzogtum Lauenburg. Hier lag die Zahl der Verträge nur um sechs unter dem Vorjahreswert, ein Minus von lediglich einem Prozent. Insgesamt sind wir im Handwerk gut durch die Corona-Krise gekommen.“ Hierzu ergänzt Marcus Krause, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Stormarn: „Trotz der 41 Ausbildungsverträge weniger haben wir Bereiche im Handwerk, die sogar mehr Auszubildende gewinnen konnten. So sind bei den Zimmerleuten zum Beispiel 30 Prozent mehr Auszubildende gestartet als im vergangenen Jahr.“ Trotz der Corona-bedingten Einschränkungen besteht aus Sicht beider weiterhin ein hoher Fachkräftebedarf im Handwerk. „Aufgrund ausgefallener Berufsmessen und Informationsveranstaltungen konnten in diesem Jahr noch nicht alle freien Ausbildungsplätze besetzt werden. Es bestehen also weiterhin gute Chancen auf den individuellen Traumberuf. Nutzen Sie die Lehrstellenbörse und die App Lehrstellenradar der Handwerkskammer Lübeck. Dort finden Sie aktuelle Angebote für den sofortigen Einstieg“, so Maack und Krause in Richtung noch Ausbildungssuchender.
Auch bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) sind weniger Ausbildungsverträge eingetragen worden. Für den Gesamtbereich der IHK zu Lübeck fehlen rund zehn Prozent gegenüber dem vergangenen Jahr, sagt Geschäftsbereichsleiter Aus- und Weiterbildung Dr. Ulrich Hoffmeister: „In den Kreisen Stormarn und Herzogtum Lauenburg liegen die Eintragungen noch etwas darunter. In Stormarn beträgt das Minus zum Vorjahr 13,4 Prozent, im Herzogtum Lauenburg 11,7 Prozent. Es gibt aber auch bei uns Unternehmen, die noch Nachwuchs suchen. Am schwierigsten war und ist die Situation für die Ausbildungsbetriebe im Hotel- und Gaststättenbereich aufgrund der coronabedingten Einschränkungen.“ Eine Auffälligkeit gibt es bei den gelösten Ausbildungsverträgen, so Hoffmeister: Viele Ausbildungsbetriebe fragen sofort nach Ersatz für die ausgeschiedenen Auszubildenden, so Hoffmeister. Dies hat auch der Geschäftsführer der Stormarner Kreishandwerkerschaft festgestellt, wobei beide betonen, dass es keine Vertragslösungen aufgrund der Corona-Einschränkungen gab.
An den Beruflichen Schulen haben sich die Schülerzahlen in den Berufsschulklassen unterschiedlich entwickelt. Bei Kai Aagardt, Leiter der Beruflichen Schule in Bad Oldesloe befinden sich 40 Schülerinnen und Schüler mehr in den Beruflichen Klassen. „Insbesondere im gewerblich-technischen Bereich haben wir mehr Jugendliche. Dagegen ist in den ausbildungsvorbereitenden AVSH* – Klassen die Schülerzahl um 50 zum Vorjahr zurückgegangen“, so Aagardt. Am Regionalen Berufsbildungszentrum im Mölln fehlen hingegen 167 Schülerinnen und Schüler in den Fach- und Ausbildungsklassen gegenüber 2019. „Bei den dualen Ausbildungen haben wir Schülerrückgänge bei den Landwirten, in den Ernährungsberufen, Metalltechnik sowie Elektrotechnik. Hier hatten wir sonst immer stabile Zahlen“, berichtet Schulleiter Ulrich Keller.
*AVSH = Ausbildungsvorbereitung Schleswig-Holstein
Für Jugendliche, die auf Ausbildungssuche sind, bestehen auch jetzt noch Chancen auf einen Berufseinstieg. „Es gibt etliche Ausbildungsbetriebe, die sofort Nachwuchs suchen. Wir versuchen, hier beide Seiten zusammen zu bringen. Wenn es realistisch ist, dass das Ausbildungsziel erreicht werden kann, können auch jetzt noch Ausbildungsverträge geschlossen werden“, erklären beide Kammervertreter und verweisen auf ihre jeweiligen Lehrstellenbörsen.
Alle Mitglieder des Ausbildungsbündnisses schauen bereits auf den Ausbildungsstart 2021: „Wir erwarten, dass die Unternehmen aus den Kreisen Stormarn und Herzogtum Lauenburg an ihrem Ausbildungsengagement festhalten. Sie benötigen gut ausgebildete junge Fachkräfte für die Zukunft. Unser Appell an die jungen Leute: Nutzt die Angebote zur Berufsorientierung und für die Ausbildungssuche.“
Termine für die Berufsberatung bekommen interessierte Schülerinnen und Schüler über die Hotline 0 45 31 – 167 154 oder sie schreiben eine E-Mail an badoldesloe.berufsberatung@arbeitsagentur.de.
Aktuelle Ausbildungsangebote finden Jugendliche hier:
Lehrstellenbörse der Handwerkskammer:
www.hwk-luebeck.de/ausbildung/wege-ins-handwerk/lehrstellenboerse.html
Lehrstellenbörse der Kreishandwerkerschaft:
www.finde-deinen-job.jetzt
Lehrstellenbörse der Industrie- und Handelskammer:
www.ihk-lehrstellenboerse.de/
Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit:
jobboerse.arbeitsagentur.de