Bargteheide – Es ist schwer zu ertragen, wenn ein halbes Lebenswerk im Rückblick als gescheitert erscheint. An diesem Punkt steht Roger Kuhl jetzt. Mitte August schließt er seine Videothek in Bargte-heide. „Es rechnet sich nicht mehr“, sagt der 48-jährige Pölitzer, der den Medienverleih seit einem Vier-tel-Jahrhundert betrieben hat. „Bevor ich Schulden machen muss, schließe ich jetzt lieber“, sagt er. Damit gibt es jetzt nur noch eine klassische Videothek im Kreis.
Deshalb beginnt jetzt ein Ausverkauf des Bestands. 4500 DVDs, 1000 Blue Rays und 2000 VHS-Videocassetten aus dem Verleih sollen neue Besitzer finden. Weitere 850 Medien aus dem Verkaufs-sortiment kommen hinzu. „Darunter sind auch 700 DVDs und 500 VHS-Cassetten mit Erotikfilmen“, sagt Kuhl. Dazu kommen Spiele und Konsolen aus dem Verleih sowie Artikel aus dem An- und Ver-kauf wie Plattenspieler, Handys und Uhren.
Auch das Inventar des Geschäfts am Markt wird verkauft, Regale, Kühl- und Gefrierschrank. Ende August läuft er Mietvertrag ab, innerhalb von vier Wochen soll das alles möglichst verkauft sein.
„Ich hätte den Laden gern gehalten, schon wegen meiner Verpflichtung gegenüber meinen drei Mitar-beitern“, sagt er. Die Entscheidung sei ihm auch deshalb nicht leicht gefallen, sie haben die Kündi-gung erhalten. Bis zuletzt habe er auf eine Übernahme gehofft.
Kuhls sieht eine Ursache für den Umsatzrückgang in den Download-Angeboten aus dem Internet. „Heute kann fast alles heruntergeladen werden“, sagt er, „auch illegale Raubkopien haben viel kaputt gemacht.“ Die technische Entwicklung habe sein Geschäftsmodell zerstört. „Viele Kunden schätzen aber unsere persönliche Beratung, die es online nicht gibt“, sagt er, „die werden uns in Zukunft ver-missen.“ Kuhl hatte er bisher noch über 10 000 Kunden in seiner Kartei. Auch der Mindestlohn stelle eine Herausforderung dar: „Das ist ein großes Thema für viele Videotheken.“
1990 hatte sich der gelernte Einzelhandelskaufmann in Bargteheide selbstständig gemacht. Damals gab es drei Videotheken in Bargteheide, die nacheinander geschlossen haben. „Ich habe bis zum Schluss durchgehalten“, sagt er. Täglich habe er mitgearbeitet. „Jetzt muss ich den Schmerz abhaken und nach vorne schauen.“ Seine Frau hat inzwischen ein Job-Angebot in Berlin angenommen, beide planen schon den Umzug dorthin.
Bis Mitte August ist die Videothek in der Woche von 13 bis 21 Uhr geöffnet, sonnabends von 10 bis 22 Uhr. Dann wird aufgeräumt.