Fünfjahresbilanz der Bürgermeisterin

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Bargteheide – Birte Kruse-Gobrechts Situation ist nicht komfortabel. Denn vier der fünf Fraktionen in der Stadtvertretung haben sich für Gabriele Hettwer als Gegenkandidatin entschieden, die bei der Bürgermeisterwahl voraussichtlich im kommenden Mai antreten soll. Unterstützung gibt es nur vonn den Grünen. Genau ein Jahr währt die Amtsperiode der Bürgermeisterin noch. Für sie war es jetzt Zeit, eine Bilanz der vergangenen fünf Jahre zu ziehen.

Birte Kruse-Gobrecht möchte im kommenden Jahr erneut als Bürgermeisterin für Bargteheide kandidieren.

„Von der Einwohnerschaft erhalte ich viel Zuspruch“, sagt sie, „ich sehe mich als deren parteilose Kandidatin.“ Eine Gegenkandidatur gehöre zur demokratischen Grundordnung. Eine Amtszeit reiche nicht aus, um die anstehenden Aufgaben zu lösen. Unverdrossen kündigt sie an, den Dialog mit der Kommunalpolitik weiter fortzusetzen. „Bei den Haushaltsberatungen wurde bisher ein konstruktiver Weg eingeschlagen.“

Auf ihrer Haben-Seite vermerkt sie den Einstieg in die Städtebauförderung, durch die Bargteheide entsprechende Projekte zu zwei Dritteln finanziert bekommt. Die Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs, ein enger Draht zur Wirtschaft und der mögliche Einstieg der Stadtwerke in den Wohnungsbau seien ebenfalls Erfolge. In der Stadtverwaltung seien flachere Hierarchien eingeführt worden, damit sei die untere Führungsebene gestärkt worden.

Auch die Bewältigung der Corona-Pandemie sieht Kruse-Gobrecht als erfolgreich an: „Wir haben frühzeitig  im Krisenstab zusammen mit Polizei, Freiwilliger Feuerwehr und dem Familienzentrum über 130 Einzelmaßnahmen beschlossen.“  Kostenlose Masken für die Schulen und die Stundung von Gewerbesteuerforderungen hätten zur Krisenbewältigung beigetragen.

„Im kommenden Oktober verhandelt der Bundesgerichtshof über die Kommunalisierung der Strom- und Gasnetze“, so Kruse-Gobrecht. Gegen diese Entscheidung hatte ein Mitbewerber geklagt. Auch die Konzession für die Versorgung Trinkwasser wird neu ausgeschrieben. Natürlich sind dem auch entsprechende Beschlüsse der Kommunalpolitik vorausgegangen.

Als größten Flop ihrer Amtszeit bezeichnet sie den Kahlschlag am Südring, den ihre Gegner in der Presse weidlich ausgeschlachtet haben: „Das war eine schmerzliche Erfahrung für mich.“ Das Gute daran sei, dass aus solchen Fehlern gelernt worden sei: „Das Umweltministerium hat dazu jetzt eine Handreichung zur Baum- und Knickpflege für die Kommunen entwickelt.“ Denn solche Fehler seien auch anderenorts geschehen.

Eine Mammutaufgabe bleibe es weiterhin, den Sanierungsstau der öffentlichen Gebäude wie den Schulen aufzulösen. Die Einführung der Doppik ab dem Jahr 2024, die Erstellung eines Mobilitäts-, Geh- und Radwegekonzepts, die digitale Transformation und der Weg zu einer bürgernahen Verwaltung sollten weiter fortgesetzt werden.

6 Kommentare

  1. Der Vorgang, über den hier berichtet wird, ist doch sehr ungewöhnlich.

    Die Bargteheider Bürgermeisterin kündigt ihre erneute Kandidatur um das Amt als „Organ der Verwaltung“ im Ratssaal der Stadt an.

    Und anstatt die Pressekonferenz ein Stockwerk tiefer in der Elvis-Lounge privat abzuhalten und ihre persönliche Präsentation „Fünfjahresbilanz der Bürgermeisterin“ nur auf ihrer eigenen Website zu veröffentlichen, stellt sie diese auf die Website der Stadt. So erreicht sie sicher viel mehr Menschen. Sie benutzt zur Gestaltung die Bestandteile der städtischen Drucksachen, also die „Insignien“, einschließlich des Stadtwappens. Alle anderen Bewerber/innen haben diese Möglichkeiten nicht.

    An diesem Punkt wird das Ganze rechtlich relevant. Wegen solcher Vorkomnisse sind schon mehrfach Bürgermeisterwahlen für ungültig erklärt worden. Sollten ihr bei der Zusammenstellung der Inhalte der Präsentation auch noch Verwaltungsmitarbeiter in deren Dienstzeit geholfen haben, wird die Sache bedenklich. Das wäre dann ein Vorgang für die Kommunalaufsicht.

    Das Verwaltungsgericht Osnabrück hat in einem ähnlichen Fall die Grundlagen einer fairen, rechtskonformen Wahlwerbung von Amtsinhabern/innen um das Bürgermeisteramt klar formuliert. Im Urteil aus 2002 stehen dazu einige lesenswerte Kernsätze:

    „Eine auf Wahlbeeinflussung gerichtete, parteiergreifende Einwirkung von Staatsorganen als solchen zugunsten oder zulasten einzelner oder aller am Wahlkampf beteiligten politischen Parteien oder Bewerber ist unvereinbar mit Art. 20 Abs. 2 GG. Sie verstößt gegen das Gebot der Neutralität des Staates im Wahlkampf und verletzt die Integrität der Willensbildung des Volkes durch Wahlen und Abstimmungen.

    Diese für die Wahl zum Bundestag entwickelten Grundsätze gelten nach Art. 28 Abs. 1 GG auch für den kommunalen Bereich. Aus ihnen ergibt sich die Neutralitätspflicht der Gemeinden und ihrer Organe im Kommunalwahlkampf, mit der der Anspruch der Wahlbewerber auf Chancengleichheit korrespondiert.“

    „Die zulässige amtliche Öffentlichkeitsarbeit findet ihre Grenze dort, wo offene oder verdeckte Wahlwerbung beginnt.“

    „Auch für den sich in eigener Sache um ein Amt bewerbenden Amtsinhaber gilt, dass dieser nicht in amtlicher Eigenschaft Wahlwerbung betreiben darf.“

    „Der Amtsträger kann außerhalb seiner amtlichen Eigenschaft in privater Wahlwerbung seine Tüchtigkeit und Qualifikation für das angestrebte Amt herausstellen. Für diesen Aspekt darf er auch auf sein bisheriges berufliches Wirken hinweisen. Die Grenze zur unzulässigen Wahlwerbung hin wird aber dann überschritten, wenn dieser Aspekt nicht mehr im Vordergrund steht, sondern der Amtsinhaber mit Umständen für sich wirbt, die nicht in seiner Person begründet sind, sondern sich aus der Innehabung seines Amtes ergeben.“

    Das alles ist hier passiert. Fast keinen der in der Präsentation aufgeführten Punkte kann sich die Bürgermeisterin persönlich zuschreiben. Einige Vorgänge stammen noch aus der Zeit vor ihrer Amtsübernahme oder sind unverzichtbare Reparatur- und Baumaßnahmen.

    Es wäre hilfreich, wenn die Presseorgane sich solchen Versuchen, die öffentliche Meinung und damit das Wahlverhalten bei der Kommunalwahl in 2022 aus dem Amt heraus zu beeinflussen, deutlich entgegenstellen würden. Daneben wirken die jahrelange Verhinderung der Radwegeplanung und der Kahlschlag am Bornberg ja geradezu harmlos.

    Norbert Muras

  2. Die 5 Jahres Bilanz einer Regierung wird in der Regel nicht von den Regierungsmitgliedern in irgendeiner Lounge präsentiert, sondern vom Regierungssprecher. Die 5 Jahres Bilanz einer Bürgermeisterin wird von dieser in ihrer Eigenschaft als Bürgermeisterin präsentiert, von wem denn sonst?
    Wer immer den Bericht des Prüfungsamtes über die vergangenen Jahre und die dort aufgelisteten Versäumnisse vor der Amtszeit der jetzigen Bürgermeisterin liest, wird den Gedankengängen von Herrn Muras schwer folgen können.
    Die Insignien der Stadt werden von verschiedenen Organisation verwandt, z.B. von politischen Parteien und anderen. Dem dankenswerten erfolgten Hinweis von Herrn Muras ist zu folgen und ich werde eine Überprüfung anregen, welche Institution das Stadtwappen verwendet und ob dafür eine Genehmigung vorliegt.

  3. Zum Kommentar von Herrn Mairhöfer:

    In der Gemeindeordnung ist eine „Fünf-Jahres-Bilanz“ der Bürgermeisterin nicht vorgesehen. Sie „regiert“ auch nicht, sondern leitet lediglich die Verwaltung. Regelmäßige Berichte über die laufende Verwaltungstätigkeit erfolgen in der Stadtvertretung.

    Bei der Präsentation mit dem Untertitel „Fünf Jahre als Bürgermeisterin…“ handelt es sich um eine gezielte Self Promotion als Teil einer bereits seit längerem laufenden Kampagne. Sie nutzt ihr Amt, um ständig in den Medien präsent zu sein.

    Neben dem wöchentlichen „Flurfunk“ beziehen sich auf der Website der Stadt derzeit bereits 58 der 172 Einträge unter „Aktuelle Meldungen“ auf Frau Kruse-Gobrecht, Tendenz steigend. Als „Organ der Verwaltung“ ist ihr von einer solchen Eigenwerbung abzuraten, vor allem angesichts ihrer Kandidatur für die Bürgermeisterwahlen in nur sieben Monaten. Hier wäre im Sinne der Fairness eine deutliche Zurückhaltung angebracht, um jeden Anschein des Ausnutzens eines Amtsvorteils zu vermeiden. Darauf hatte ich hingewiesen.

    Die Behauptung von Herrn Mairhöfer, im vertraulichen Prüfbericht des Kreises seien „Versäumnisse vor der Amtszeit der jetzigen Bürgermeisterin“ aufgelistet, ist falsch. Nach fünf Amtsjahren sind alle dort gerügten Mängel ohnehin der seitdem verantwortlichen Amtsinhaberin zuzurechnen.

  4. Anstatt die Zeit für große Präsentation der eigenen Person zu nutzen wäre es sinnvoller die Energie zu verwenden, den Ausbau ( Fertigbau) der Glasfaser anzutreiben. Es werden immer neue Vergaben für das Verlegen der Glasfaser gestattet, aber die bereits über 1 Jahr bis in unsere Häuser verlegten Kabel, werden nicht angeschlossen. Aber das ist Deutschland!
    Internettechnisch kommen wir ja, Gott sei Dank gleich hinter Malawi

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