Bad Oldesloe 2030: digitalisiert und Mensch-zentriert

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Bad Oldesloe 2030: digitalisiert und Mensch-zentriert
Bad Oldesloe. Künstliche Intelligenz (KI) und persönliche Begegnungen – beides ist wichtig für unsere Stadt. Darüber waren sich die 19 Teilnehmer*innen des dritten After Work-Talk der Transformations- und Innovationsgenossenschaft Bad Oldesloe (TIBO) am 25. Januar 2024 im Coworking Space am Konrad-Adenauer-Ring 1 einig.

Thema der Gesprächsrunde, die als Fast & Curious Circle (wir berichteten über den gleichnamigen Gründer-Podcast als Ideengeber) in Bad Oldesloe tagt, war „Vision 2030 – was
bewegt unsere Region?“.


„Ein Oldesloe, das Platz und Raum für alle Menschen bietet“, so lautet die Vision von Kathleen Wieczorek. Zudem betont die Leiterin der Arbeitsagentur Bad Oldesloe die Bedeutung von
beruicher und gesellschaftlicher Teilhabe und Mensch-Zentrierung. Wichtig sei es, mit Entwicklungen zu leben und nicht nach dem Motto: „O Gott, o Gott, was kommt auf uns zu“, so die 47-Jährige, die auf lebenslanges Lernen setzt. Volkshochschulleiterin Karin Linnemann sieht die Zukunft durch KI vereinfacht: „Die Arbeitsabläufe von Behörden und Privatpersonen
können so optimiert werden.“ Zur Förderung persönlicher Begegnungen bieten Seniortrainer an der VHS gesellschaftliche Teilhabe bereits seit zehn Jahren in Form etwa eines Reparatur-
Cafés oder eines Literaturkreises kostenfrei für alle Bürger an. Auch Bänker Torben Schmahl hat hinsichtlich des bürokratischen Aufwands große Honung in künftige KI-Unterstützung.
„Derzeit müssen unsere Mitarbeiter noch jeden Kredit, den wir prüfen, aufwändig mit den Nachhaltigkeitskriterien abgleichen“, so der ehrenamtliche Bürgermeister von Rümpel.

Ein kurzer Blick in die Geschichte zeigte, dass viele heutige Themen bereits 1923 vorausgesehen wurden. So prophezeite man schon damals eine tägliche Arbeitszeit von vier
Stunden, ein Korrespondenz-Kino sowie eine elektronische Scheuerbürste. Heute diskutieren wir über Arbeitszeitverkürzungen und nutzen Facetime sowie Saugroboter. Wieczorek, wohnhaft in Lübeck, stellt sich ihr Leben auch 2030 nicht mit vier Stunden Arbeit täglich vor. Stattdessen sollten in Zeiten demographischen Wandels die „öden Jobs weg“, sagt Wieczorek, die seit vier Jahren in der Kreisstadt arbeitet. In der Arbeitsagentur seien bereits alle Dienstleistungen digitalisiert. „Nun geht es an die Automatisierung.“ Zudem müssten sich
neue Formate der Begegnung entwickeln sowie das kollektive Bewusstsein der Gemeinschaft. Was sagen die anderen Gäste dazu? „Ich wünsche mir ein Wohnzimmer für Oldesloe“, so Kerstin Boll (56). Darunter stellt sich die Marketing-Beraterin einen
Begegnungsraum in der Innenstadt vor. Für Loretta Fokuhl (41) stellt sich infrastrukturelle Frage: „Wie kommen die Menschen aus dem Dorf raus, wenn die Straße kaputt ist und der Bus nicht fährt?“ Die Software-Managerin arbeitet seit gut 15 Jahren in
Oldesloe, engagiert sich ehrenamtlich in der Gemeinde Rümpel. Auch ihr ist es wichtig, dass Jung und Alt sich persönlich treen. IT-Dienstleisterin Birgit Voll (53), in Oldesloe aufgewachsen, sucht ebenfalls „Gemeinschaft“ in Bad Oldesloe. Auf den After Work Talk ist sie über ein Plakat am Markt gekommen.

Olaf Schweppe-Rothers Vision ist besonders umfassend: „Ich möchte die Welt verstehen“, sagt der Hamburger Kulturmanager in Auszeit. Er wünsche sich „mehr Antworten, weniger Fragen“, so der 55-Jährige. TIBO rät er zu einem Fakten-Check: Fragen beantworten, abhaken. Auch Carina Schellacks Traum ist groß: „2030 sollen alle – zufrieden, mit ausreichend Geld und in Frieden – miteinander leben sowie ihren Grundbedürfnissen folgen
können.“ Digitalisierung gehört dabei für die 53-jährige Projektleiterin, die seit knapp 50 Jahren in Oldesloe lebt, dazu. Als Vorstandsmitglied im Verein “Kurpark Bad Oldesloe”
organisiert sie das Kurparkfest mit und engagiert sich zudem im Inner Wheel Club Stormarn.
Pegeberaterin Babette Schmidt-Lange (54) hingegen möchte „Vereinsamung bekämpfen.“ Sie ist seit 2011 in Oldesloe und wünscht sich, „dass die Gesellschaft sich so verändert, dass
Jeder noch mitkommt.“ Hier fällt der Begri barrierefreie Digitalisierung. Beim Thema Mobilität wird die Idee „kostenloser Bus“ in den Raum gestellt. Unter den Rubriken Gesellschaft und Kultur kommt der Vorschlag, „einen Klönschnackbus für über 70-Jährige ab Altfresenburg“ einzusetzen, so Annette Schumacher. Für die 38-Jährige ist TIBO ein oenes Netzwerk. Zudem wünsche sie sich einen Club, der von 18 bis 23 Uhr geönet habe.

Auch die Dimension Ökologie im Nachhaltigkeitsdiskurs bleibt nicht auf der Strecke, wenn Karin Homann zu Wort kommt: „Meine Vision für 2030 ist Gleichklang zwischen Mensch
und Tier“, sagt die Sozialökonomin, die seit ihrem ersten Lebensjahr in Oldesloe lebt. Die IT solle dabei nicht die Oberhand gewinnen, so die 79-Jährige, die freiberuich eigene Häuser
vermarktet. Zudem hat sie den Interkulturellen Trepunkt Kaktus mit gegründet, verkauft faire Produkte im Weltladen, war kommunalpolitisch aktiv und ist Schatzmeisterin beim
traditionellen Vogelschießen. Für Tauschhaus und Bücherzelle sucht die Initiatorin eine(n) Nachfolger*in – „unterstützen würde ich diejenige Person in jedem Fall“, so Homann, die mit Kindern und Hühnern lebt.

Jenni Boies Erwartung an den Abend war „Vernetzung“, so die 45-Jährige. Die wissenschaftliche Mitarbeiterin im Museum der Arbeit Hamburg wünscht sich, „das Vogelschießen zu reformieren.“ Die Spielmannszüge seien in zwei Jahren durch, es müsse
Nachwuchs aufgebaut werden. Vielleicht könnte die hiesige Musikschule aktiv werden, könnten schulübergreifend junge Menschen für Marschmusik begeistert werden?

Und wie steht es 2030 um die Kinder der Stadt? „Ich wünsche mir eine freie Waldschule“, sagt Annette Schumacher (38). Auch die Vision, dass 2030 alle Kinder – egal mit welcher Staatsbürgerschaft und aus welchem Elternhaus – mit Begeisterung lernen und dass alle Schulen der Stadt selbstverständlich kooperieren. Schmidt-Lange bringt das auf diese Formel: „Glückliche Jugendliche sorgen für die Abnahme des Gewaltpotentials der Stadt.“ Und für Changemanagerin Heike Walter steht „mentale Gesundheit“ im Fokus. Sie wünscht sich,
„dass Ältere, die länger arbeiten möchten, dies auch – gemeinsam mit jungen Menschen – exibel tun können.“ Wieczorek gibt zu bedenken, dass Unternehmen künftig mit gutem Gesundheitsmanagement Fachkräfte generieren könnten.

Bad Oldesloe in sechs Jahren sollte also idealerweise so aussehen:
Arbeit ist individueller und exibler gestaltet. Es herrscht Frieden. Die Bürger der Stadt helfen sich gegenseitig, die Schulen kooperieren, alle jungen Menschen lernen mit Begeisterung. KI baut die Bürokratie ab, lässt eintönige Jobs wegfallen, schafft spannende neue sowie mehr Zeit für persönliche Begegnungen – ob in der geachteten Natur, beim modernisierten Vogelschießen oder barrierefreien Kulturveranstaltungen für Jung und Alt.

(Text: Johanna Eggert)

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